Lebensketten

In meine älteste Bluse kleide ich mich

um mit dem geschärften Blick zur Wand

Revue zu passieren, zu sortieren

die verschenkten Lebensjahre sorgfältig

wie Perlen mit Facettenschliff aufzufädeln.

 

Das Spielerische der Balletteuse

die auf Zehenspitzen im Kreise wirbelt,

und die Launenhaftigkeit der Dompteuse

welche wilde Kreaturen durch Feuerreife schickt

haben sich hinter die Zirkusmanege verkrochen.

 

Meine blinden Begegnungen arbeiteten

gleich dem ungebändigten Schaffensdrang

einer Künstlerin vor der Vernissage,

hantierten mit zierlichen Skalpellen, stählernen Meißeln

um die Partien in meinem Gesicht zu prägen.

 

Sie zogen haarfeine Linien um meine Augen

die der ferne Betrachter wohlwollend

als Lachfalten missverstehen wird,

vollendeten das Werk mit Kerben von Nase zu Mund

deren Sprache nur ich verstehen kann.

 

Zerknäulte Erwartungen und Meinungen,

Unterstellungen und Eitelkeiten

- als windige Segelflieger entgegengeschleudert -werden

werden zu kleinen steinernen Papierkanonen

 lasse den Mülleimer durch ihre Unverdaulichkeit erbrechen

 

Ich falte Beleidigungen und Überheblichkeit

die listig in meine Ohren kriechen wollen

geschickt zu bunten Origamifiguren,

verwahre sie kopfüber hängend im Vorratsschrank

um irgendwann ein Mobile daraus zu basteln.

 

Bedächtig drehen meine Finger am Rad der Zeit -

während ich den Lauf des Jahreszeigers beschwöre.

Meine Hände ringen in der schwefelhaltigen Luft,

stoßen Verwünschungen und Seelenbitten aus.

Die Künstlerin fertigt ein Duplikat aus Stuck.